Vin Mariani:

eine Erfolgsgeschichte

Dr. Thomas K. Langebner schreibt in der DAZ.online:

„Etwa zur gleichen Zeit trat auch der in Korsika geborene Angelo Mariani (1838–1914), der in Paris in einer Apotheke tätig war, auf den Plan. Es heißt, er habe einer Schauspielerin, die über Depressionen klagte, mit einem selbst verfertigten Coca-Wein so gut geholfen, dass der Erfolg des Präparates sich gleichsam wie von selbst einstellte. Auch er machte zunächst mit Inseraten und Advertorials auf sich aufmerksam, bevor es ihm gelang, den Mitbewerb um Längen zu überflügeln. Denn, was „Vin Mariani“ an Einzigartigkeit vermissen ließ, kompensierte sein Schöpfer scheinbar mühelos mit einer genialen Marketingstrategie.“

„In einer Zeit, in der Unternehmen zunehmend als unpersönlich und seelenlos empfunden wurden, setzte dieser Meister der Selbstvermarktung gezielt auf die Figur des Firmenpatriarchen als Werbeträger. Die in den zahlreichen Firmenbroschüren abgedruckten Fallberichte und Dankschreiben sollten die Kundschaft von der überragenden Wirksamkeit des Coca-Weines überzeugen. Zudem ließen die an ihn gerichteten Briefe die verklärte Lichtgestalt Mariani lebendiger erscheinen und machten ihn sozusagen nahbar. Das dritte Element waren Stellungnahmen prominenter Markenfürsprecher, die auch in aufwendig gestalteten Alben mit Bild, Autographen und gedrucktem Text in Szene gesetzt wurden. Papst Leo XIII. (1810–1903), der Mariani aus Dankbarkeit mit einer Medaille bedacht haben soll und dessen Konterfei ein Werbeplakat für „Mariani Wine“ ziert, gibt dafür ein prominentes Beispiel.“

„Ab 1880 begann sich in Amerika die Stimmungslage zu Ungunsten des dort höchst erfolgreichen „Vin Mariani“ zu ändern. Alkohol und Cocain wurden zunehmend als verwerfliche Rauschdrogen in Frage gestellt. Andere Hersteller reagierten mit der Umstellung auf alkoholfreie und schließlich ab 1906 auf entcocainierte Zubereitungen, womit die Erfolgsgeschichte von Coca Cola ihren Anfang nahm. Mariani & Co. aber waren von der Qualität ihrer Zubereitung aus dem erlesenen Bordauxwein und den speziellen Cocablättern – der zugesetzte Zucker wurde meist schamhaft verschwiegen – so überzeugt, dass eine Änderung der Vorschriften zunächst nicht in Frage kam. Später sah man sich gezwungen, gleichfalls auf eine entcocainierte Rezeptur umzustellen.“

Dr. Thomas K. Langebner:

Eine kurze Karriere – Über Coca in der westlichen Medizin

DAZ. online, abgerufen am 16.12.2020.